Prostitution in Basel-Stadt: Vernetztes und lösungsorientiertes Vorgehen bei Problemen – Begrenzung der Kleinbasler Toleranzzone wird markiert

Angeregt aus der Bevölkerung haben das Justiz- und Sicherheitsdepartement sowie das Bau- und Verkehrsdepartement entschieden, die Begrenzung der Toleranzzone im Kleinbasel auf den Trottoirs zu markieren. Die neue Markierung wird gerade in Zeiten sehr hoher Fluktuation im Rotlicht-Milieu ortsunkundigen Prostituierten helfen, die Grenzen der Anwerbezone einzuhalten. Diese kleine Massnahme illustriert beispielhaft, wie staatliche und private Fachstellen im Kanton Basel-Stadt vernetzt und lösungsorientiert den Herausforderungen des Rotlicht-Milieus begegnen.

Schätzungsweise bis zu 800 Frauen bieten im Kanton Basel-Stadt jeden Tag sexuelle Dienstleistungen an. Die Mehrzahl arbeitet in Salons oder wirbt in Kontaktbars Freier an. In der Öffentlichkeit am stärksten sichtbar sind jene in der Regel 30 bis 50 Prostituierte, die jeweils in der Kleinbasler Toleranzzone mögliche Kunden ansprechen. Nicht zuletzt bei diesen Frauen herrscht eine sehr hohe Fluktuation, was die Vermittlung der rechtlichen Spielregeln zuweilen erschwert. Dabei gibt die Einhaltung der Toleranzzone bei der Weber- und Ochsengasse sowie dem Teichgässlein immer wieder zu reden. Aus der Bevölkerung kam daher der Wunsch, die Begrenzungen der Toleranzzone auf den Trottoirs farblich zu markieren – ein Wunsch, der nun umgesetzt wird. Prostituierte sehen so mit einem Blick, wo die Toleranzzone endet. Umgekehrt sind Übertretungen für die Polizei einfacher zu ahnden.

Verschiedene Herausforderungen

Zwischen 1. Juni 2015 und 1. Juni 2016 haben Polizistinnen und Polizisten 120 Frauen verzeigt, die auf Strassen ausserhalb der Toleranzzone im Kleinbasel auf Kundenfang gegangen sind. Im gleichen Zeitraum gingen 13 Lärmklagen ein, die sich gegen eines der im ganzen Kantonsgebiet verteilten 194 Bordelle, der neun Cabarets oder eine der 17 Kontaktbars gerichtet hatte.

Zu den aktuellen Herausforderungen zählt die hohe Fluktuation von Prostituierten aus vorwiegend osteuropäischen EU/EFTA-Staaten, die im Meldeverfahren während bis zu neunzig Tagen pro Kalenderjahr in der Schweiz arbeiten. Über 2000 Frauen haben sich so im Verlauf des vergangenen Jahres beim Amt für Wirtschaft und Arbeit gemeldet, um in Basel sexuelle Dienstleistungen zu erbringen. Neben den Frauen im Meldeverfahren waren im Jahr 2015 weitere rund 1300 Frauen im Milieu aktiv: die bei der Kantonspolizei Basel-Stadt freiwillig registrierten ständig anwesenden Prostituierten, «Pseudotouristinnen» und Frauen im Escortservice, Drogenprostituierte und Cabaretttänzerinnen.

Aliena, eine private Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe, beobachtet einen hohen Konkurrenzdruck und deutlichen Preiszerfall. Den Beratungs- und Unterstützungsbedarf erleben die Fachfrauen der niederschwelligen Anlaufstelle für Prostituierte als gross. Neben präventiver Informationsarbeit bieten sie unter anderem psychosoziale Beratung und Betreuung, aber auch Deutschkurse und Ausstiegshilfen.

Für die Salonprostitution braucht es in Basel-Stadt keine Betriebsbewilligung. Wird aber eine Wohn- oder Geschäftsliegenschaft in einen Sexbetrieb umgenutzt, so ist für diese Nutzungsänderung eine beim Bau- und Gastgewerbeinspektorat zu beantragende Baubewilligung notwendig. Die Anforderungen der Gerichte an den Beweis der erfolgten Umnutzung sind allerdings hoch und Informationen aus dem Internet dürfen nicht verwendet werden.

Verstärkte Zusammenarbeit

Die vom Kanton Basel-Stadt jährlich mit 50'000 Franken subventionierte Fachstelle Aliena ist eine der privaten Akteurinnen an den langjährig etablierten Gremien Runder Tisch Prostitution und Runder Tisch Menschenhandel. Die beiden Gremien, die als Ziel die operative Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren und Bereichen verfolgen, sind seit August 2009 dem Justiz- und Sicherheitsdepartement angegliedert und werden seit 2014 durch dessen Fachreferat im Generalsekretariat geleitet. Der Runde Tisch Prostitution befasst sich namentlich mit den unterschiedlichen negativen Auswirkungen sowie den Begleiterscheinungen der Prostitution. Die involvierten Akteure arbeiten gemeinsam an der schrittweisen Verbesserung der Situation für alle Beteiligten und Betroffenen rund um das Basler Rotlicht-Milieu. In diesem Gremium wurde unter anderem ein neuer, im Internet veröffentlichter Leitfaden ausgearbeitet.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sind die involvierten Kantonsstellen zum Schluss gelangt, dass die Tätigkeiten der einzelnen Behörden noch besser aufeinander abgestimmt werden sollen, um die Anwendung und Durchsetzung bestehender Rechtsgrundlagen zu optimieren. Ende 2015 wurde deshalb das «Interdepartementale Fachgremium Prostitution» (IFaP) ins Leben gerufen.

Bewährtes Modell

Dank kurzer Entscheidungswege können die Mitglieder ad hoc jeweils dort konkret tätig werden, wo Handlungsbedarf angezeigt ist– wie das Beispiel der neuen Markierung zeigt. Auch die Abstimmung zwischen der operativen und strategischen Ebene stellt einen wichtigen Schwerpunkt dar.

Wie in der ausführlichen Beantwortung auf einen Vorstoss durch den Grossen Rat festgehalten, hält der Regierungsrat deshalb an der erlaubten Prostitution mit Verbotsvorbehalt fest. Dieses pragmatische Modell deckt sich nicht zuletzt auch mit aktuellen nationalen und internationalen Empfehlungen.

Die Powerpoint-Präsentation zur Medienkonferenz findet sich hier.

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